Artikel vom 01.04.2021

Immer Ärger mit dem Standesamt? Wenn wichtige Dokumente fehlen



Endlich heiraten - oder? Seit zehn Jahren sind die Bielefelder ein Paar, der Bräutigam stammt aus dem Kongo. Eine Geburtsurkunde für mein Baby? Gibt es auch nicht automatisch. Ob Trauung oder Beurkundung, nicht selten stellen sich Standesämter quer - enttäuschend und zermürbend für die, die es betrifft.

Standesamt Bielefeld verweigert die Trauung

Wunschtermin 10. September 2021, perfekt zum 10. Jahrestag: Wieder einmal kämpft das Paar um einen Trautermin. Schon lange lebt man zusammen, in gemeinsamer Eigentumswohnung in der erklärten Wahlheimat Bielefeld. Und mit den Tränen, denn das Standesamt sperrt sich. Der Grund? Probleme mit der Geburtsurkunde des Verlobten. Geboren im Kongo und seit 2019 deutscher Staatsbürger, hatte diese bei seiner Einbürgerung sämtliche Nachweise vorgelegt. Aber das genügt der Behörde nicht, also muss die Geburtsurkunde neu beschafft werden - bei diesem Herkunftsstaat langwierig und alles andere als einfach.

Sind Standesämter ausländerfeindlich?

Probleme, die im Standesamt der OWL-Metropole anscheinend öfter auftreten. Ist das bunte multi-kulti Bielefeld in Wahrheit ausländerfeindlich? Vermuten seine Standesbeamten bei jedem Trauanwärter dunkler Hautfarbe eine Scheinehe? Oder fallen nur bestimmte Beamte mit besonders harter Gangart auf? All dies ist pure Spekulation. Richtig ist, dass Streit um Geburtsurkunden immer wieder Hochzeiten verhindert - und dies nicht nur in Bielefeld. Besonders dann, wenn es um die Überprüfung der Identität von Geflüchteten geht. Menschen, die oft gebürtig aus afrikanischen Staaten kommen - deutsche Staatsangehörigkeit hin oder her.

Trotz anerkannter Vaterschaft keine Geburtsurkunde

Auch in Bremen sah sich das Standesamt mit Rassismus-Vorwürfen konfrontiert. Dort fühlten sich schwarze Mütter diskriminiert - und forderten Geburtsurkunden für ihre unehelichen Neugeborenen. Gibt es nicht, so die Behörde - und unterstellte den Frauen kurzerhand, sie seien verheiratet und somit der Ehemann offizieller Vater des Kindes. Behauptungen, die nach Aussage von Menschenrechtsgruppen jeder Grundlage entbehren. Dass in jedem Fall ein deutscher Staatbürger die Vaterschaft anerkannt hatte, genügte dem Standesamt nicht für eine Geburtsurkunde. Grundsätzlich falsch - zumindest bei Kindern, deren Mutter und Vater Deutsche sind, verheiratet oder nicht. Eine solche Ungleichbehandlung geflüchteter Frauen scheint nicht nachvollziehbar: Obwohl in Deutschland geboren, gelten ihre Babys als Kinder zweiter Klasse. Mehr noch: Das Amt für Migration wiederum verlangt die Geburtsurkunde, um die deutsche Staatsangehörigkeit festzustellen und der Mutter die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Womit sich der widersinnige Teufelskreis schließt.

Urteil: Vaterschaft anerkennen, aber Geburtsurkunde verweigern passt nicht zusammen

Inzwischen gibt es ein Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen. Dieses besagt: Das Amt für Migration muss die Vaterschaftsanerkennung akzeptieren, wenn das Baby deutsch ist. Das Vorgehen der Behörden sei voller Widersprüche. so das Gericht. Denn es passe nicht zusammen, zum einen eine Vaterschaft anzuerkennen, aber auf der anderen Seite eine Geburtsurkunde zu verweigern. Der Beschluss ist eindeutig: Die Zweifel am ledigen Status der Mutter waren unberechtigt, das Baby der Klägerin hat nun einen deutschen Pass. Den Rassismusvorwurf weist man im Standesamt Bremen zurück. Im Gegenteil, man schule seine Mitarbeiter in interkultureller Kommunikation. Und beruft sich darauf, dass es weltweit viele Staaten mit unsicherem Urkundenwesen gibt.

Prüfungen bei Dokumenten sind aufwändig

Staaten wie Ghana, Nigeria, Togo oder der Kongo. Der Anwalt der Bremer Klägerin äußerte, dass das Standesamt ausgesprochen aufwändig prüfe. Zu Unrecht? Das kommt auf jeden Einzelfall an: Gibt es Anzeichen, dass etwas nicht stimmt, muss jedes Standesamt genauer hinsehen. Zudem das Auswärtige Amt verlangt, dass Urkunden zur inhaltlichen Prüfung an die Auslandsvertretungen im jeweiligen Staat gehen. Dies verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern nimmt nicht selten ein halbes Jahr in Anspruch. Dass die Personaldecke in einigen Standesämtern dünn ist, kommt verschärfend hinzu. Aber warum fordern Migrationsämter die Geburtsurkunde? Weil die Kompetenzen so geregelt sind, dass diese die Staatsangehörigkeit von Kindern nicht selbst prüfen.

Zum Heiraten ausweichen?

Brautpaare, die weder Zeit noch Lust verspüren, sich mit den Behörden zu streiten, können zur Hochzeit z. B. ins Las Vegas Europas ausweichen: Dänemark verspricht entspannteres Heiraten, bei weniger Papierkram - einfach Unterlagen vorausschicken und einen Trautermin vereinbaren. Wer einen schnellen, unbürokratischen und preiswerten Weg sucht, um in Dänemark zu heiraten, wird auf www.heiraten-leicht-gemacht.de fündig. Aber vielleicht lassen Nachbargemeinden - im Fall der Bielefelder Gütersloh oder Herford - eher mit sich reden? Ausweichen gilt nicht, denn Heiratswillige müssen sich dort anmelden, wo sie gemeldet sind.

Dokumente, Dokumente! Keine Regel(ung) ohne Ausnahme

Auch Syrer, die ihre deutschen Freundinnen heiraten möchten, brauchen Geburtsurkunde, Ledigkeitsbescheinigung und Reisepass des Heimatlandes. Der Knackpunkt: Alles muss aktuell sein. Gar nicht so leicht, solche Papiere aus einem Bürgerkriegsland neu zu beschaffen! Zumal Geflüchtete verständlicherweise den Weg in ihre Botschaft scheuen. Doch es gibt Möglichkeiten: Beispielsweise einen Antrag beim zuständigen Oberlandesgericht, um sich von der Vorlage bestimmter Dokumente befreien zu lassen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg - und Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Weigert sich das Standesamt, den Antrag ans Oberlandesgericht weiterzuleiten, kommt mit anwaltlicher Hilfe meist Bewegung in die Sache. Auch eine eidesstattliche Versicherung kann ausnahmsweise an die Stelle der Ehefähigkeitsbescheinigung treten. Vorsicht dagegen ist bei so genannten Vertrauensanwälten geboten, beauftragt, die Familienverhältnisse des potenziellen ausländischen Ehepartners zu beleuchten. Anwälte, die von diesem Job gut leben, so dass sich die Klärung in manchen Ländern so hinzieht, dass schon Trauungen dadurch verhindert wurden.

Gesucht: Der perfekte Standesbeamte

Sie alle Dokumente da, spricht nichts gegen einen Termin zur Eheschließung. Jetzt kann ein Standesbeamte die Trauung nur noch verweigern, wenn er stichfeste Gründe zu der Annahme hat, dass ein Paar nur eine Scheinehe eingehen will (gem. § 1314 Abs.2 Nr.4 BGB). Allein die Tatsache, dass einer der Verlobten Asylbewerber ist, genügt dazu nicht. Wie handelt der perfekte Standesbeamte? Nun - er weiß, dass Gesetze dazu gemacht sind, befolgt zu werden. Aber er weiß noch mehr. Nämlich, dass Heiratswillige auf seine tatkräftige Unterstützung bei der Beschaffung entscheidender Dokumente angewiesen sind!

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