Artikel vom 21.03.2025

Erst aufs Standesamt, dann zum Altar - Heiratsmix mit Gottes Segen



Erst aufs Standesamt, dann vor den Altar: immer mehr junge Paare entscheiden sich für die kirchliche Trauung. Unkompliziert, wenn Braut und Bräutigam der gleichen Konfession angehören. Aber was, wenn einer katholisch, der andere evangelisch, jüdisch, Moslem oder - wie z. B. FDP-Mann Christian Lindner - gar nicht in der Kirche ist? Was Sie wissen müssen, wenn Sie konfessionsübergreifend heiraten möchten, lesen Sie hier.

Kirche als Eventlocation

Ein Tag im Sommer 2022: Finanzminister Christian Lindner und Braut Franca Lehfeldt schreiten zum Traualtar. Pikant daran: Keiner von beiden ist Kirchenmitglied, denn der katholisch getaufte Lindner trat schon mit 18 aus der Kirche aus. Für die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, nicht okay. Die Kritik: Eine Kirche wie die St.-Severin-Kirche in Keitum auf Sylt sei traditionell der Ort Gottes und keine weltliche Eventlocation. Die Theologin hat einen Punkt. Warum kirchlich heiraten, wenn man sich nicht als Christ versteht? Pastorin Susanne Zingel traute das Promipaar trotzdem - und brach damit streng genommen Kirchenrecht.

Ehen mit Sektenmitgliedern

Denn das Kirchenrecht verlangt, dass wenigstens einer der Brautleute Kirchenmitglied ist. Trotzdem werden 0,3 bis 0,4 Prozent der evangelischen Trauungen komplett ohne gefeiert. Aber auch gemischtkonfessionelle Ehen gibt es noch nicht lange. Erst vor gut 50 Jahren erlaubte der Papst so genannte Mischehen - Stichwort Matrimonia mixta - von Katholiken mit Protestanten oder Konfessionslosen. Zuvor war es Katholiken unter Kirchenstrafe streng verboten, mit Mitgliedern einer "häretischen oder schismatischen Sekte" die Ehe einzugehen. Inzwischen hat Toleranz die Wortwahl entschärft: Nichtkatholische Christen gelten als getrennte Brüder in konfessionsverbindenden Ehen.

Segen der katholischen Kirche - wann?

Inzwischen können sich nicht nur christlich getaufte Brautleute, sondern auch Paare katholisch trauen lassen, von denen einer ungetauft, andersgläubig oder atheistisch ist. Dennoch macht die katholische Kirche weiter Unterschiede: Nur die Paarung getaufter Christen gilt als Sakrament, die Ehe zwischen Katholiken und Ungetauften wie Juden oder Moslems - böse formuliert - als Gelöbnis zweiter Klasse. Gleichgeschlechtliche Ehen jedoch sind ein No-Go, aber die Segnung homosexueller Paare möglich. Katholik und geschieden? Vor dem neuen Gang vor den Altar ist die erste Ehe kirchlicherseits zu annullieren. Generell gilt:

- Ehevorbereitungsprotokoll ausfüllen
- Taufscheine vorlegen
- katholischer Taufschein nicht älter als sechs Monate
- zusichern, gemeinsame Kinder im katholischen Glauben zu erziehen
- Einwilligung (Dispens) durch das Pfarramt

Darüber hinaus wird vom evangelischen Partner ein so genannter Ledigeneid gegenüber dem Pfarrer verlangt. Und wer einst Mitglied der katholischen Kirche war, aber ausgetreten ist - ein Abfall vom Glauben - muss sein Generalvikariat erst um eine Trauerlaubnis bitten.

Ökumenisch heiraten?

Ökumenisch, sprich gemischt-konfessionell trauen lassen? Durch zwei Geistliche gemeinsam möglich. Nur der kirchenrechtliche Teil mit Erfragen des Ehewillens - "Willst du?" - wird durch den katholischen o d e r evangelischen Pfarrer vorgenommen. Katholisch-jüdische Trauung mit Erlaubnis des Bischofs durch den Rabbiner? Kann durch eine Segnung des Pfarrers begleitet sein, aber findet statt im Gotteshaus an einem neutraleren Ort statt. Gewusst? Wer eine Jüdin heiratet, stellt sich auch darauf ein, dass gemeinsame Kinder als Juden erzogen werden. In Israel selbst allerdings sind interreligiöse Ehen nicht rechtsgültig möglich. Wer sich dafür entscheidet, kann seine im Ausland - gern auf Zypern - geschlossene Ehe später als legal registrieren lassen.

Islam: Wenn Ihre Herzdame Muslima ist

Der Überlieferung nach hatte der Prophet Mohammed auch eine jüdische Frau. Andere Bräute als Christinnen oder Jüdinnen (Angehörige einer Religion, die nur einen Gott kennt) sind im Islam nicht erwünscht. Angehörige des Buddhismus gelten im traditionellen Islam als Götzenanbeter. Etwas unfair, da Buddha nicht als Gott sondern als Erleuchteter zu verstehen ist und der Koran nichts dazu sagt. Aber als Ehefrau Synagoge oder Kirche weiter besuchen? Offiziell kein Problem. Ganz anders liegt die Situation, wenn Ihre Herzdame Muslima ist: Als Nichtmoslem müssen Sie vor der Hochzeit zum Islam übertreten. Als Muslim und Christin glücklich unter der Haube? Jetzt müssen Sie sich nur noch über die religiöse Erziehung Ihrer Kinder einigen, die jede Religion für sich beansprucht. Tricky, weil die Bibel verlangt, dass sich Ehepaare vor der Heirat über die Bedeutung ihres Glaubens abstimmen. Nur Paare, die Unterschiede als Bereicherung begreifen, haben hier eine echte Chance!

Heirat nicht nur im Standesamt, sondern nach islamischem Glauben?

Diese Nikah ist in Deutschland zuhause oder in der Moschee durch den Imam möglich - in Anwesenheit von zwei Zeugen und dem Wali, Vormund der Braut. Ist die Braut Christin oder Jüdin, ersetzt ein islamischer Gelehrter (Hodscha) den Wali. Die Tradition, ohne Eheringe zu heiraten, ist aber ein Auslaufmodell: Immer mehr muslimische Paare entscheiden sich für den Ringtausch - bei der Trauung im Standesamt. Doch was, wenn religiöse Gesetze die Wahl des Ehepartners so beschränken, dass Ihr Recht auf freie Wahl des Ehepartners gem. Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bedroht ist? Das Drusentum z. B. kennt weder Missionierung noch Konvertierung und so keine nicht-endogamen Ehen unter Andersgläubigen. Auch Jesiden, die Nichtjesiden ehelichen, werden aus der Gemeinschaft ausgeschlossen - und indische Brautpaare, die sich
über Kaste und Religion hinwegsetzen, leben gefährlich.

Generell eine gute Sache? Heiraten mit Gottes Segen

Als weltlich orientiertes Paar fragen Sie sich vielleicht, was die ganze Aufregung soll. Nun, Weltreligionen haben ein hohes Bild von der Ehe, die das Verhältnis der Gottheit zur Kirche im Kleinen spiegelt. Sie sind beide katholisch, aber diese
evangelische Kirche da am Strand ist doch so süüüüß ... vergessen Sie's. Während in evangelischen Kirchen durchaus eine Lindnertrauung drin ist. So zumindest der Holsteiner Bischof Gothart Magaard: Ausnahmen lägen im seelsorgerischen Ermessen. Zwei Menschen, die sich aus Sehnsucht nach Geleit Gottes Segen zusprechen lassen - das sei doch etwas Wunderbares!

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