Artikel vom 07.12.2016

Früh gefreit hat nie gereut? Regierung will Kinderehen verbieten



Die Bundesregierung will Kinderehen, also Ehen unter 16-Jähriger, grundsätzlich einen Riegel vorschieben. Anlass der Besorgnis: Die wachsende Zahl minderjähriger Ehepaare unter Flüchtlingen und Migranten. Erst vor wenigen Wochen ruderte die Türkei bei einem umstrittenen Gesetzentwurf zur Kinderehe zurück. Was steckt hinter dem Phänomen Kinderehe und wie soll das Eherecht verschärft werden?

Kinderehen - unter Zugewanderten üblich

Ja, auch in Deutschland heiraten Teenager. Doch die Zahl der unter 18-Jährigen Heiratsfreudigen geht zurück: Schlossen im Jahr 2000 noch 1073 minderjährige Mädchen oder Jungen die Ehe, waren es 2005 nur noch 377, in 2015 lediglich 92 Fälle. Völlig anders bei Zugewanderten: Im Juli 2016 zählte das Ausländerzentralregister 1475 verheiratete Jugendliche, davon 361 unter 14 Jahren, 120 davon 14 bis 15 Jahre alt - und in der Mehrzahl Syrer. Zu weiteren Herkunftsstaaten zählen Irak, Afghanistan und Bulgarien. Dabei ehelichten mit 1152 weitaus mehr Mädchen als Jungen. Wie geht Deutschland mit diesem Phänomen um? Bislang nutzten deutsche Familiengerichte bei im Ausland geschlossenen Ehen einen gewissen Ermessensspielraum, indem sie kulturelle Eigenheiten und staatliche Regelungen der Herkunftsländer miteinbezogen - ohne Altersuntergrenze. Doch jetzt soll ein Gesetzentwurf der Bundesregierung Kinderehen grundsätzlich verbieten - und auch Ehen von unter 16-Jährigen nicht mehr anerkennen.

Pauschales Eheverbot: Schafft es neue Probleme?

Heiraten in Deutschland ist frühestens mit 16 möglich - ein volljähriger Partner und die Zustimmung eines Familiengerichts vorausgesetzt. Ein Okay, das jedoch nur bei genügender Reife und nicht zu erheblichem Altersunterschied erteilt wird. Im Kontext von Krieg und Vertreibung dagegen, wie im Beispiel Syrien, sind Kinderehen weniger kulturell oder religiös motiviert, sondern sollen eine Art Schutzfunktion - etwa vor sexuellen Übergriffen - erfüllen: Aktuell wird jede zweite Kinderehe mit einem erwachsenen Partner geschlossen; vor dem Krieg betrug die Zahl der Kinderehen lediglich 13 Prozent. Nun sollen durch Zuwanderer im Ausland mit unter 16 Jahren geschlossene Ehen für unzulässig erklärt, solche von Partnern zwischen 16 und 18 Jahren - laut SPD - nur im Ausnahmefall erlaubt werden: Das Wohl von Frau und Kindern aus der Ehe soll dabei im Vordergrund stehen. Dagegen will die CDU Ehen unter 18 ausnahmslos kippen - auch für Deutsche. Aydan Özoguz, Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, ist gegen ein pauschales Verbot, denn es dränge Frauen ins soziale Abseits, ohne Unterhalts- oder Erbansprüche - und versperre ihre Rückkehr in die Heimatländer.

Türkei: Zahl arrangierter Kinderhochzeiten hoch

Nach Zahlen des türkischen Standesamts wurden im letzten Jahrzehnt fast eine halbe Million minderjährige Mädchen verheiratet - legal ist die Ehe erst mit 17, sofern die Eltern zustimmen. Jetzt erregte ein Gesetzentwurf zur Kinderehe, durch die regierende AKP Mitte November ins Parlament eingebracht, europaweites Aufsehen. Minderjährige Sexualtäter, die ihr Opfer heirateten, sollten straffrei ausgehen, um Kinder nicht ohne Vater aufwachsen zu lassen - derzeit ist von etwa 3000 Fällen die Rede. Für die Tochter von Präsident Erdogan Sümeyye Erdogan, Vizevorsitzende der Frauenrechtsorganisation Kadem, eine Amnestie für Vergewaltiger: Mädchen wären ihren Peinigern durch eine solche Heirat auf Dauer ausgeliefert. Inzwischen ist die Türkei wieder zurückgerudert.

Deutschland: Klare Regelungen und Bußgelder für Imame

Schon im Sommer äußerte sich Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU), dass ein Rechtsverständnis, das Kinderehen ermögliche, in Deutschland und Europa aus guten Gründen der Vergangenheit angehöre. Und forderte, beim verfassungsrechtlich garantierten Schutz von Minderjährigen keine Abstriche zu machen. Allein in Bayern registrierte man bis Ende April 2016 161 Fälle verheirateter Asylbewerber unter 16 Jahren. Künftig sollen auch Imame, die Minderjährige im Rahmen einer religiösen Voraustrauung (im Vorfeld standesamtlicher Trauung) verheiraten, künftig mit einem Bußgeld von bis zu 1000 Euro belegt werden. Lücken beim Schutz Minderjähriger, die die Rechtspolitik voraussichtlich schließen wird - zugunsten klarer Regelungen, für Migranten wie Deutsche.

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